Du bist durchschaut

Udo Jürgens – Westfalenhalle 1, Dortmund; 17. Februar 2012

Im letzten Jahr hatte ich spontan beschlossen, wenigstens einmal im Leben Udo Jürgens live zu sehen – gilt er doch als der letzte große deutschsprachige Entertainer. Ein Konzert in Dortmund kam mir da gerade recht und so war ich äußerst gespannt auf einen Liederabend mit Udo und dem Orchester Pepe Lienhard. Meine Erwartungen waren sehr gemischt, denn nicht zuletzt durch das Schlager Revival for ca. 15 Jahren gilt dieser Mann ja als einer *der* Vertreter dieses Genres. Ich kann mich aber aus meiner Jugend durchaus daran erinnern, dass er mehr zu bieten hat als tralala Texte über die Liebe. Allerdings kannte ich keinerlei aktuelle Songs und konnte mich nur überraschen lassen.

Konzerte im Sitzen haben etwas sehr entspannendes (auch wenn ich eigentlich lieber in der Menge stehe) und so gab es viel Gelegenheit das äußerst gemischte Publikum zu beobachten. Altersmäßig war zwischen 7 und 70 sicher alles vertreten, und wie erwartet mehr Frauen als Männer. Bis kurz vor Konzertbeginn wurde allerorts noch geredet, dann herrschte gespannte Stille und kurz darauf brandete Applaus auf.

Die Stimmung war gut, das Orchester spielte hervorragend und der elegant gekleidete und trotz seiner über 70 Jahre fit wirkende Udo Jürgens genoss die Reaktion der Menge. Das Progamm begann mit Songs des aktuellen Albums, vorgetragen teil stehend, teils sitzend am Flügel. Da gab es nachdenkliche Kommentare zum Zeitgeschehen genauso wie verschiedene Liebeslieder. Das Orchester brachte Abwechslung und wunderbare Soli – perfekte Unterhaltung.

Es näherten sich Fans mit Blumensträußen, deren höchstes Ziel es zu sein schien, Udos rotes Einstecktuch zu ergattern. Drei der Tücher wurde er im Verlauf des Abends los, eins an eine besonders hartnäckige Verehrerin, die auch noch vor der Bühne stehenbliebt, nachdem sie das Tuch bekommen hatte und erst wieder zu ihrem Platz ging, nachdem sie von Udo unmissverständlich (und nicht gerade nett) dazu aufgefordert worden war.

Es wurde den ganzen Abend stellenweise mitgesungen und auch viel geklatscht, aber im zweiten Teil war die Stimmung deutlich besser, denn zum Ende hin, wurde die Klassiker ausgegraben, die wirklich jeder kennt, ob nun “Ich war noch niemals in New York” oder “Aber Bitte mit Sahne”. Kurz nach Beginn des zweiten Teils stürmten schaarenweise Fans die Bühne und blieben dort stehen – und ich dachte das passiert nur bei Rockkonzerten. 😉

Besonders zu erwähnen ist noch die Filmmusik und Ausschnitte aus “Der Mann mit dem Fagott”, der die Geschichte von Udos Familie erzählt. Sehr schöne Musik mit tollen Soli des Orchesters. Außerdem wurde der Background Chor mit der Frank Sinatra Nummer “Let’s fly away” in Kombination mit einem von Udos eigenen Songs besonders gewürdigt und das zurecht. Die Dame und Herren können wirklich singen.

Udo gefiel’s, er schüttelte Hände. Bei den bekannten Liedern sang die ganze Halle lautstark mit und das klang nicht einmal schlecht. Alle schienen Spass zu haben.
Zum Abschluss kam dann auch der Auftritt im Bademantel, für den Udo Jürgens bekannt ist. Mit einer letzten Verbeugung verließ er nach gut zweistündigem Programm die Bühne.

Alles in allem ein unterhaltsamer Abend. Bei “einmal im Leben” wird es in diesem Falle allerdings bleiben.

Setlist (vom Konzert in Baden-Baden im Januar, aber wahrscheinlich identisch)

Noch drei Minuten
Schenk mir einen Traum
Dafür brauch’ ich dich
Gegen den Wind
Die Frau, die ich nie traf
Du bist durchschaut
Glut und Eis
Flieg mit mir
Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient
Der ganz normale Wahnsinn
Der Mann mit dem Fagott
Heute beginnt der Rest deines Lebens
Mein Bruder Ist Ein Maler
Wenn ein Lied so wär’ wie du
Liebe lebt
Alles ist so easy
Ich war noch niemals in New York
17 Jahr, blondes Haar
Aber bitte mit Sahne
Was ich Dir sagen will
Ein ehrenwertes Haus
Drei mal 25 Jahre
Ich weiß, was ich will
Gaby wartet im Park
Mit 66 Jahren
Am Ufer

Zugabe:
Cottonfields
Schenk mir noch eine Stunde
Griechischer Wein
Liebe ohne Leiden

Comments are closed.